Dart-World
  Der Ursprung
 
Auf den Spuren der ersten Darter kommt man leicht ins Fabulieren. Denn über Ort, Entstehungsart und Zeitraum ist wenig Stichhaltiges überliefert. Gemeinsam ist fast allen Theorien, dass sie um England kreisen, eine militärische Vorgeschichte vermuten und ausgesprochen unterhaltsam sind. Ganz kühne Spekulationen führen den Dartsforscher in die Keltenzeit des ersten Jahrhunderts nach Christus. "Es ist eine feste historische Tatsache", wird da voll Nationalstolz erzählt, "das Boadicea, Königin der Urbriten, ihr kriegerisches Können beim Dartswerfen verfeinerte." Eine Vorform des Spiels soll natürlich auch der sagenhafte König Arthus gepflegt haben, doch leider bleibt es bei solchen allgemeinen Behauptungen, die geschichtlich nicht nachzuweisen sind. Schon ein wenig konkreter lesen sich Schilderungen über Darts im Mittelalter. Damals schoss niemand geschickter mit Pfeil und Bogen, als die Angelsachsen (Robin Hood!). Königliche Schützen brachten den Franzosen fürchterliche Niederlagen bei, zum Beispiel 1415 in der Schlacht bei Azincourt. Angeblich fiel dieser Sieg der Engländer nur so gründlich aus, weil sie vorher eifrig trainiert hatten - mit abgebrochenen Pfeilspitzen, die sie auf die Altersringe von Baumstammscheiben warfen. In regnerischen Friedenszeiten langweilten sich die englischen Krieger auf ihrer Insel. Also verlegten sie - das besagt jedenfalls eine Variante der Azincourt-Theorie - die ritterlichen Turniere einfach in Wirtshäuser. Dort wurde mit verkürzten Pfeilen und ohne Spanngerät auf die Scheiben frisch gefällter Stämme gezielt. Doch die Kritik an beiden Stories ist berechtigt: Erstens fehlen einem abgebrochenen Pfeil die Federn, die ihn auf eine berechenbare Flugbahn bringen. Und was haben Bogenschützen schon davon, wenn sie mit einem wesentlich leichteren Flugkörper üben, den sie obendrein mit der Hand losschicken? (Hier gehen die meisten Verfasser von der Tatsache aus das der Teil mit der Pfeilspitze, also ohne Federn, geworfen wurde. Richtiger dürfe die Vermutung sein das der Teil mit den Federn, also ohne Metallspitze geworfen wurde. Begründung:* Es standen sich zwei völlig unterschiedliche Heere gegenüber. Das Heer der Franzosen wurde hauptsächlich von Rittern in Rüstungen gebildet. Dagegen waren die Engländer in Kreuzzügen erprobte bis auf die Zähne bewaffnete Söldner. Während die Heere aufeinander losstürmten wurden die Franzosen ununterbrochen von den englischen Bogenschützen unter Beschuss genommen. Um Treffer in den Augen durch die schmalen Sehschlitze der Helme zu vermeiden blickten die angreifenden Franzosen meist nach unten und stolperten (Eingeschränktes Sehfeld) so dem Feind entgegen.* Bis hier historisch belegt. Man stelle sich nun folgende Nahkampfsituation vor. Ein Engländer weicht im Kampfgetümmel einem angreifenden Ritter aus und solpert rückwärts gehend über einen Verwundeten oder Toten. Er verliert dabei seine letzte Waffe. Der Franzose holt zum tötlichen Schlag aus. Der Engländer tastet verzweifelt um sich um irgend eine Waffe zu greifen. Er bekommt lediglich einen Pfeil in einem Toten zu fassen und versucht diesen rauszuziehen. Der Pfeil bricht ab. Er hält nur ein kurzes Stück Pfeil mit den Federn in der Hand und wirft dies dem Angreifer entgegen.(Er hätte auch Erde, oder eine Sandale geworfen wenn er sie gegriffen hätte.)Der Pfeilstupf fliegt genau durch einen der Sehschlitze im Visier des Angreifers der, im Auge getroffen, vor Schmerz aufschreit, in der Bewegung inne hält und dem Engländer dadurch die Möglichkeit gibt sich ein Schwert zu greifen und den Franzosen zu töten. Nach dem Kampf wurde mit Sicherheit eine unmenge getrunken und jeder gab seine Geschichte zum Besten. Unser Engländer wirft bei seiner Schilderung zur Demonstration seiner Wurfkunst einen Pfeil auf ein am Tresen liegendes Fass. Das Dartspiel war geboren?) Da hätten die mittelalterlichen Mannen besser auf rund 50 Zentimeter lange, kräftige Kampfpfeile zurückgegriffen, die um 550 nach Christus im östlichen Mittelmeerraum als Wurfgeräte benutzt wurden. Das alles hat aber kaum den großen Wurf zum Dartspiel englischer Prägung gebracht, denn zum einen sind dafür nicht die geringsten schriftlichen oder bildlichen Belege aufgetaucht, zum anderen sprachen die Engländer erst nach 1300 von "dartes" oder "darttes" - Ausdrücke für Pfeile und Lanzen, die allerdings zum Kämpfen und Jagen eingesetzt wurden. Nicht nur der Zeitvertreib gewöhnlicher Krieger wird gern herangezogen, um Englands lange Darts-Tradition zu beweisen. immerhin bekam 1530 auch König Heinrich VIII. einen Satz reichverzierter Darts geschenkt - vermutlich kurze Speere, mit denen er jagte. Bedenkt man das Schicksal der Frau, die ihm das Präsent überreichte, so maß er ihm nicht all zuviel Bedeutung bei: Der Monarch ließ Anne Boleyn enthaupten. Knapp 100 Jahre später sollen sogar die Pilgrim Fathers, Englands strenggläubige Auswanderer, auf der Überfahrt nach Amerika ihre weißen Hemdkragen abgelegt haben, um dem Pfeilchenwerfen zu frönen. Doch auch diese Kolportage steht auf schwankendem Boden, was jeder bestätigen wird, der jemals auf hoher See versucht hat, ein Dartboard zu treffen! Erst um die letzte Jahrhundertwende vom 19. zu 20. Jahrhundert verdichten sich handfeste Hinweise, die England zum Mutterland von Darts machen. 1896 ordnet der Zimmermann Brian Gamlin aus Bury in Lancaster die Zahlen auf dem Zielbrett in eben der Reihenfolge an, die bis heute gilt. 1901 erscheint im "Stationer, Printer & Fancy Trades Register" eine Anzeige über "Dart Boards". Eine Provinzzeitung aus Lancashire vermeldet 1902 die ersten Darts-Würfe mit 180 Punkten, also der Höchstzahl. 1906 ersetzt ein Mann aus Yorkshire den hölzernen Dartkörper durch Metall. Bereits acht Jahre zuvor ist (in den USA) der erste faltbare Papier-Flight patentiert worden, nachdem bis dahin Truthahnfedern am Pfeilende den Flug stabilisierten. 1908 wird es amtlich, dass Darts ein Geschicklichkeitsspiel ist - für seine Verbreitung ein wichtiger Fortschritt. Zu danken ist er dem couragierten Gastwirt Foot Anakin aus Leeds. Angeklagt, dass er in seinem Pub ein Glücksspiel mit kleinen Pfeilen und einer Zielscheibe dulde, tritt er im Gerichtssaal die Offensive an. Ein Hauch von Wilhelm Tell liegt in der Luft, als Foot - so genannt wegen seiner enormen Füße - vor den Richtern ein Board aufhängt. Der Gastronom holt seine Geschosse hervor und wirft sie tock...tock...tock ins 20-Punkte-Segment. Zur Steigerung der Beweiskraft bittet er die Amtsträger, sie mögen es ihm gleichtun. Ein Gerichtsdiener nimmt die Herausforderung an und trifft mit den ersten zwei Pfeilen nicht einmal die Scheibe. Foot Anakin soll daraufhin sogar dreimal die double 20 getroffen haben. Von soviel Können beeindruckt, fällt der Magistrat das folgende Urteil: "This is no game of chance" - "Dies ist kein Glücksspiel". So kann Darts endgültig die Pubs erobern. Die industrielle Revolution, unbestritten eine englische Erfindung, hat in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zwei Beiträge zur Dartsgeschichte geleistet: Der massive Metallkörper des Wurfpfeils war ein winziges Nebenprodukt dieser Epoche und in Englands ersten Industriezentren schlug das harmlose Spiel mit den kleinen Pfeilen groß ein. Für die Workers bot der preiswerte Kneipensport Entspannung vom harten Einerlei in Minen und Fabriken. Dass die Städte auf der Insel nicht weit voneinander entfernt liegen, begünstigte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Wettkämpfe unter den Besten - Härtetests, die Großbritannien zum führenden Markenzeichen in der Dartwelt machten. Wohl die wichtigsten Förderer dieses Sports in beiden Weltkriegen waren britische Soldaten. Manche Gefechtspause verbrachten sie mit Pfeilewerfen. Ob Schweden oder Jamaica, Bahrein oder Holland, die Philippinen oder Australien - Darts wird heute rund um den Globus gespielt, zunehmend auch in Ländern wie Ungarn, Tschechische Republik und Russland. 48 nationale Darts-Organisationen vereinen ca. 3,5 Millionen Mitglieder und sind in der World Darts Federation (WDF) zusammengeschlossen. Hinzu kommen Länder mit Dartverbänden, die nicht zur WDF gehören. Ungezählt sind die Gelegenheitsdarter, die nicht organisiert sind. Großbritannien aber ist die Bastion dieses Sports geblieben. Rund 2 Millionen Aktive spielen dort wettkampfmäßig Darts, einige weitere Millionen just for fun. Fernsehübertragungen mit Zuschauerquoten, die fast Wimbledon-Werte erreichten, haben Darts in England in den siebziger Jahren zum Massensport gemacht, Spieler wie John Lowe, Eric Bristow oder der Schotte Jocky Wilson sind zu Sportidolen in GB geworden. Der Darts-Vollprofi wurde geboren, der im Namen von Brauereien, Tabakfirmen und Darts-Artikel-Herstellern aus dem Koffer lebt. In den letzten Jahren muss sich Darts verstärkt anderer Spielangebote wie Snooker und Poolbillard erwehren. Trotzdem setzt die britische Pfeil- und Boardsbranche jährlich immer noch rund 30 Millionen Pfund mit Darts-Produkten um, wovon über die Hälfte exportiert wird.

Auch geldschluckende Darts-Automaten machen dem Traditionsspiel zusehends zu schaffen. Trotzdem wird die klassische Spielart weiterhin Anhänger finden. Denn wie urteilte schon 1924 eine englische Darts-Vereinigung: "It is cheap, clean and skilful" - "billig, sauber und ein Spiel voller Gewandtheit" sei Darts. Ein Spieler aus Hessen meinte anno 1993: "Am schönsten finde ich an Darts, dass es völlig egal ist, ob man groß oder klein, dick oder dünn, Links- oder Rechtshänder ist". Dem wäre nur hinzuzufügen: Es spielt auch keine Rolle, ob ein Dartwerfer jung oder alt oder Groß- oder Kleinverdiener ist. Und von welchem Sport kann man das noch sagen?

 

Quellenangabe: www.netzwelt.de
 
 
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